Die Schlacht um Verdun

Forschung | Das Infanterie-Regiment 105 am Dorf Douaumont


Das Infanterie-Regiment 105 am Dorf Douaumont von Stephan Klink

Auf tragische Weise ist das sächsische Infanterie-Regiment Nr. 105 mit den Kämpfen um das Dorf Douaumont verbunden. Am Ende des nur wenige Tage dauernden Einsatzes, vom 26. Februar bis 3. März 1916, hatte das Regiment fast 1.200 Mann an Toten, Verwundeten und Vermißten zu beklagen - somit also fast 40 % seines Bestandes.

Die Einnahme des Dorfes wurde, nach dem Fall des Forts Douaumont am 25. Februar 1916, als eine leicht zu lösende Aufgabe betrachtet, da die Verteidigung einer scheinbar strategisch nicht so ganz gewichtigen und unbefestigten Geländepunktes, gegenüber einer starken Panzerfeste, in keiner Relation zu stehen schien. Doch es kam anders.

Das Dorf selbst, war wie zahlreiche Ortschaften in der Region der Festung Verdun als eine Art Widerstandspunkt ausgebaut. Schon die Anlage der Ortschaften selbst, meist nur aus einer breiten Straße und eng aneinander gebauten Häuser bestehend, erwirkten einen leicht zu verteidigenden Punkt. Die Hausfenster waren teils zugemauert, die Kellerdecken durch Betonschichten verstärkt. Zusätzliche Bunker - wie z.B. in der Ortschaft Haumont heute noch am offensichtlichsten - wurden in die Häuserzeilen eingefügt. Mit Beginn der unmittelbaren Kämpfe waren zwischen den Häusern Infanteriegräben und Blockhäuser angelegt worden, die mit starken Drahthindernissen gesichert wurden. Alles in allem bot - in diesem Falle das Dorf Douaumont - den deutschen Angreifern einen festungsartigen Charakter, der nach außen hin kaum sichtbar oder vorhersehbar war.

Verteidigt wurde das Dorf selbst von Teilen des französischen Infanterie-Regiments 95. Die Stellungen der näheren Umgebung zwischen Fort Douaumont und Albainwald war je von zwei Bataillonen des 7. Algerischen Schützen-Regiments und der 9. Zuaven sowie Teilen des 110. R.I. besetzt.

Beschränken möchte ich mich auf den Einsatz des Infanterie-Regiments 105 und dessen Aktionen unmittelbar am Dorf Douaumont vom 26. Februar bis 3. März 1916. Die Erwähnung weiterer Einheiten beschränkt sich auf den unmittelbaren Flankenanschluß bzw. auf ein entscheidendes Vorgehen derselben.

Straßenbild vor den Kämpfen
Straßenbild vor den Kämpfen

Das Infanterie-Regiment 105 traf am 19. Januar 1916 im Bereich der Verdunfront ein. Es unterstand dem V. Reserve-Korps im Abschnitt der Woëvre-Ebene und wurde bis zum geplanten Angriffsbeginn, am 12. Februar 1916, mit Vorbereitungen für die Schlacht beschäftigt.

Der 11. Februar 1916 war Ruhetag und diente den letzten Vorbereitungen innerhalb der Truppe für die am kommenden Tag beginnende Schlacht.

Der geplante Angriffsbeginn mußte aus bekannten Gründen - schlechtes Wetter - verschoben werden. Am 21. Februar 1916 brach die Offensive, bei aufgeklartem Wetter, los.

Den Angriffszeitpunkt des V. Reserve-Korps und des benachbart liegenden XV. Armeekorps hatte sich das Armeeoberkommando 5 (AOK) vorbehalten. Abhängig war dieser vom Vorwärtskommen der gegen die Maashöhen im östlich anschließenden Abschnitt angesetzten deutschen Truppen.

Das Infanterie-Regiment 105 war bis zum 24. Februar Korpsreserve und kam, wie das ganze Korps, nicht zum Einsatz.

Am 24. Februar abends erging Befehl, daß das Regiment zur Verfügung des AOK in westlicher Richtung abzumarschieren habe. Für wenige Stunden dem XV. Armeekorps unterstellt, sollte es schließlich im Bereich des Brandenburgischen III. Armeekorps zum Einsatz kommen.

Am 26. Februar morgens traf das Regiment am Chaume- bzw. am Cauriéres-Wald (westlich Ornes) ein. Es unterstand taktisch der 6. Infanterie-Division (III. A.K.). Wenige Stunden später wurde es weiter in den Chauffour-Wald (nordwestlich Dorf Douaumont) vorgezogen. Das Vorgehen über die Hänge der Höhe 378 brachte allerdings erste, durch Maschinengewehr- und Granatfeuer verursachte, Verluste, da die Höhenfläche teils bereits bei einsetzendem Tageslicht passiert werden mußte und von den Franzosen voll einsehbar war.

Die örtliche Lage war für das Regiment alles andere als günstig. Links des Chauffour-Waldes bestand Anschluß zu schwachen Kräften des Infanterie-Regiments 52; rechts klaffte allerdings eine fast 1.000 m breite Lücke zum XVIII. Armeekorps hin, die nur, ebenfalls durch schwache Teile des Leib-Grenadier-Regiments 8 gesichert wurde. Das Dorf Douaumont selbst sowie der westlich gelegene Geländerücken und der sich anschließende Albain-Wald waren von den Franzosen besetzt.

Die allgemeine Lage in diesem Abschnitt war, daß sich die mittlerweile abgekämpften Truppen des III. Armeekorps und des rechts anschließenden XVIII. Armeekorps sich vor dem Dorf Douaumont festgelaufen hatten und ein weiteres Vorgehen ohne Unterstützung frischer Truppen unmöglich schien.

Das Infanterie-Regiment 105 hatte nun die Aufgabe im Abschnitt der 5. Infanterie-Division die genannte 1.000 m breite Lücke in der rechten Flanke abzudecken. Dies sollte durch eine Vorwärtsbewegung hart westlich des Dorfes Douaumont erfolgen. Es erging Befehl, daß Infanterie-Regiment 105 mit zwei Bataillonen die französischen Befestigungen am Westausgang des Dorfes sowie den westlich anschließenden Höhenrücken anzugreifen habe. Rechts (westlich) sollte das hessische Infanterie-Regiment 116 mit vorgehen; links (östlich) das Infanterie-Regiment 52 das Dorf direkt angreifen. Für den Angriff war eine vierstündige Artillerievorbereitung angesetzt, welche die Befestigungen und Verhaue der französischen Verteidiger zerstören sollte.

Sechs Kompanien des Infanterie-Regiments 105 waren für den Angriff vorgesehen, zwei blieben in Reserve. Die Aussichten auf eine erfolgreiches Unternehmen lagen allerdings denkbar ungünstig. Die Angriffsfläche verlief über eine fast 400 m lange, deckungslose Fläche, die von beiden Seiten her stark durch französische Infanterie flankiert wurde.

Kurz vor Angriffsbeginn erging eine weitere Hiobsbotschaft: Das rechts liegende Infanterie-Regiment 116 war aufgrund hoher Verluste durch französisches Artilleriefeuer nicht mehr in der Lage an einem Angriff teilzunehmen. Trotz aller Widrigkeiten entschloß sich der Kommandeur der 105er, Oberst von Schmalz, offensichtlich beeindruckt durch das augenscheinlich gut liegende und wirkungsvolle Feuer der eigenen Artillerie, anzugreifen. Ein fataler Fehler: Die rechte Flanke blieb völlig ungedeckt.

Pünktlich um 14 Uhr nach den letzten Granaten des Vorbereitungsfeuers brachen die Sturmtruppen los, links I., rechts II. Bataillon. Bereits beim Verlassen der Gräben schlug ihnen stärkstes französisches Infanteriefeuer entgegen. Erst jetzt stellte sich heraus, daß die Wirkung der Artillerievorbereitung fast völlig nutzlos geblieben war. Die kleinen, schwer zu fassenden Widerstandsnester der Franzosen waren nicht zerstört worden.

Der Angriff des I. Bataillons brach auf der Stelle zusammen, daß II. Bataillon kam nicht mal aus seinen Ausgangsstellungen. Der Angriff des links anschließenden Infanterie-Regiments 52 kam nicht zur Entwicklung, da das Zurückbleiben der 105er für die 52er eine offene Flanke ergab.

Eine Stunde später wurde der Angriff nochmals befohlen, diesmal ohne Artillerievorbereitung, hoffend auf eine Überraschungswirkung. Aber auch der zweite Versuch scheiterte unter hohen Verlusten. Links verblutete sich das Infanterie-Regiment 52 in nutzlosen Nahkämpfen am Ortsrand von Douaumont.

Die Angriffsversuche dieses Tages hatten den 105ern fast 300 Mann an Verlusten gebracht, ohne das auch nur ein Meter Boden gewonnen wurde.

Bereits in den frühen Morgenstunden des kommenden Tages traf ein erneuter Angriffsbefehl ein, der dasselbe Ziel des Vortages hatte. Diesmal wurde die Unterstützung von Pionieren mit Flammenwerfern zugesagt. Ferner war eine siebeneinhalbstündige Artillerievorbereitung vorgesehen. Links sollte das Grenadier-Regiment 12 mit vorgehen, rechts - wie gehabt - niemand. Die Deckung dieser Flanke würde, laut Ausführungen der Korpsführung, eigenes schweres Artilleriefeuer übernehmen. Man wollte dadurch die Verteidigungsanlagen der Franzosen niederhalten bzw. zerstören. Eine, anhand der am Vortag gemachten Erfahrungen, schwache und trügerisch erscheinende Linderung der starken Flankenwirkung.

Da die gegenseitigen Linien in nur geringer Entfernung lagen, sollten nur schwache Kräfte der Sturmtruppe in den Ausgangsstellungen verbleiben. Da mit Kurzschüssen zu rechnen war, wollte man mit dieser Maßnahme unnütze Verluste vermeiden.

Am Nachmittag fand eine kurze Führerbesprechung in der Chambrettes-Ferme statt, bei der große Bedenken an dem Gelingen des Angriffs geäußert wurden. Solange nicht das rechts anschließende XVIII. Armeekorps mit vorgehen konnte, blieb die rechte Flanke gefährlich offen. Trotzdem befahl das Generalkommando des III. Armeekorps den Angriff. Die Theorie der Führungsstellen war schlüssig und denkbar einfach: Die Franzosen sollten nicht zur Ruhe kommen und ein Erfolg des Angriffs auf das Dorf würde das weitere Vorgehen, auch beim XVIII. Armeekorps, erleichtern.

Dorf Douaumont nach der Einnahme
Dorf Douaumont nach der Einnahme

Bereits kurz nach Beginn der Artillerievorbereitung meldeten die Stellungstruppen, daß - trotz vorheriger Zurücknahme der Sturmtruppe aus den ersten Gräben - die Artillerie ständig in die eigenen Stellungen schoß, ohne das dieser Mißstand abgestellt werden konnte. Es entstanden empfindliche Verluste. Sofort nach Sturmbeginn, um 16 Uhr, schlug den Angreifern abermals vernichtendes französisches Infanteriefeuer entgegen. Besonders das II. Bataillon der 105er bekam aus der rechts offenen Flanke, vom Albainwald her, heftigstes Feuer. Die Artilleriewirkung war auch diesmal fast völlig wirkungslos verpufft!

Um die Flankenwirkung aufzuheben wurden Züge des II./105 rechts zum Albainwald geschickt. Beim Eindringen in das Waldgebiet wurden zahlreiche kleine, gut gedeckte MG-Nester ausgemacht. Nicht mehr als 36 (!) Maschinengewehre hatten hier ihre Wirkung flankierend und überschneidend vereint. Die Feuerlinie lag kniehoch über dem Boden. Nach starken Verlusten mußten die Züge der 105er den Albainwald wieder räumen. Der Ansturm in diesem Bereich war mißlungen und so konnte das Flankenfeuer weiterhin ungehindert gegen das restliche im Sturm begriffene II./105 wirken.

Nur dem linken Flügel des II./105 gelang es die Drahthindernisse zu überschreiten und bis dicht an die französischen Gräben heranzulangen.

Das Vorgehen des I./105 im linken Abschnitt stand ebenfalls unter keinem guten Stern. Die Züge der 1. Welle kamen anfangs gut vorwärts, doch erhielten sie kurz nach Erreichen des französischen Drahtverhaus plötzlich schweres eigenes Artilleriefeuer, das sogar die Truppen der 2. Welle in die Ausgangsstellungen fesselte. Die Wirkung war furchtbar. Die Regimentsgeschichte berichtete: „Was nicht tot oder verwundet am Boden liegt, ist von dem gewaltigen Luftdruck der einschlagenden Granaten wie hingemäht zu Boden geworfen worden.“

Sämtliche Truppführer der 1. Welle waren ausgefallen. Beherzte Führer der 2. Welle versuchten trotzdem ihre Leute aus den Stellungen zu bringen. Aber das fortwährende stärkste Infanteriefeuer der Franzosen ließ sie nicht mal die weiter vorne liegenden Kameraden der 1. Sturmwelle erreichen. Jede Bewegung, der auf dem Boden liegenden Männer, wurde mit rasendem Maschinengewehrfeuer verfolgt. Ein Eingraben in den felsigen, z.T. gefrorenen Boden war aussichtslos. Eine Entlastung der linken Flankenwirkung mit schwachen Reserveteilen der 105er sowie der 12er Grenadiere scheiterte unter weiteren schweren Verlusten.

Der Zugang zum Dorf und der Einbruch in die umliegenden französischen Stellungen schien wie vernagelt. Technische Mittel sowie weitere Sturmtruppen zur Vernichtung der französischen Verteidigungsanlagen fehlten für den Moment. Immer größere Lücken entstanden in der dünnen Linie der 105er. Als letzte Reserve schickte der verantwortliche Offizier im rechten Stellungsabschnitt des I. Bataillons, Leutnant der Reserve Glogowski, einen Halbzug unter der Führung eines jungen Offiziers in die Sturmlinie, um das Feuer gegen die Widerstandsnester aufzunehmen. Den Befehl offensichtlich mißverstehend, ließ der junge Offizier seine Leute das Seitengewehr aufpflanzen und stürmte mit ihnen auf die französischen Stellungen zu. Entsetzt mußte Leutnant Glogowski mit ansehen, wie seine letzte Reserve offensichtlich in ihr offenes Grab stürmte.

Doch dann geschah etwas, womit keiner gerechnet hatte. Zwischenzeitlich war es den 12er Grenadieren am linken Flügel gelungen in die französischen Stellungen einzubrechen und diese nach rechts aufzurollen. Dies wirkte sich bis in den Abschnitt des I./105 aus. Just mit dem Eindringen der 12er erreichte der Halbzug 105er des jungen Offiziers, auf wenige Leute zusammengeschmolzen, daß nächst gelegene französische Widerstandsnest - ein befestigtes Erdwerk. Sie durchschritten den 20 bis 30 Meter breiten Drahtverhau. Die Bedrohung durch plötzlich einsetzendes Feuer vollends aufgerieben zu werden, war den wenigen Leuten allgegenwärtig. In diesem Moment kam die Besatzung des Stützpunktes herausgelaufen und kapitulierte. 60 Mann vom französischen 110. Infanterie-Regiment mit drei Maschinengewehren ergaben sich.

In die entstandene Bresche sprangen sofort Leute der 8./- und 9./105. Zusammen mit Teilen des Grenadier-Regiments 12 gelang es das gesamte Werk zu nehmen und in den Nordteil des Dorfes einzudringen. Das nun weggefallene Flankenfeuer ermöglichte nun ein weiteres Vorgehen des rechten Abschnitts des I./105. Die Franzosen, an der Straße Douaumont - Albain-Wald, die wohl mit einem weiteren Angriff der sichtbar dezimierten Truppe nicht mehr gerechnet hatten, wurden überrumpelt. Ein weiteres Vorwärtskommen war allerdings durch das rechts zurück hängende II./105 nicht mehr möglich. Die Franzosen zogen sich etwa 100 m zurück; die 105er richteten sich in den genommenen Gräben ein. In der Nacht wurden die Verbände neu geordnet und Anschluß nach links und rechts hergestellt.

Der Erfolg des Tages, wenn man es denn überhaupt so nennen darf - vor allem im Abschnitt des II. Bataillons - hatte schwere Opfer gefordert. Das Regiment hatte an Verlusten 24 Offiziere und 649 Mann zu beklagen. 9 Offiziere und 98 Mann waren gefallen, 48 Mann vermißt, der Rest verwundet.

Die hohen Verluste zeigten der Führung, daß ein weiteres Vorgehen nur nach gründlicher Erkundung des umliegenden Geländes sowie durch den Einsatz frischer Truppen und ausreichend Reserven möglich war. Ein weiterer Angriff wurde für den 1. März geplant, dann aber auf den 2. März verschoben.

Das Infanterie-Regiment 105 verblieb in den kommenden Tagen in seinen Stellungen, war allerdings fortwährend dem starken französischen Artilleriefeuer ausgesetzt, welches weitere Verluste verursachte. Mehrere Versuche der Franzosen, die verlorenen Gräben wiederzunehmen, wurden abgewiesen. Ihrerseits versuchten die 105er in kleinen, begrenzten Aktionen in den Besitz der Blockhäuser im Nordostteil des Albain-Waldes zu gelangen, was aber an der starken Feuerwirkung der französischen Infanterie scheiterte. Für den 2. März wurden frische Truppen in die Linien geschoben, die ihrerseits einen Angriff, über die Linie der 105er hinweg, durchführten.

Das Infanterie-Regiment 105 war völlig ausgebrannt und zu keinem weiteren Angriff mehr in der Lage. Die Gesamtverluste während der Kampftage beim Dorf Douaumont betrugen insgesamt 38 Offiziere und 1.151 Mann. Dazu kamen in der Folgezeit weitere gesundheitsbedingte Ausfälle durch das schlechte Wetter. Am späten Nachmittag des 2. März wurde das Regiment aus den Stellungen gezogen und rückte zur Ordnung der einzelnen Kompanien über die Chambrettes-Ferme zum Südostrand des Fosseswaldes. Dort verblieb es als Reserve des III. Armeekorps.

Am kommenden Tag, dem 3. März, wurde das Regiment alarmiert und als Reserve der 5. Infanterie-Division in den Cauriéres-Wald vorgezogen. Die zahlreiche in der Schlucht stehende deutsche Batterien zogen das französische Feuer im verstärkten Maße auf sich, so daß die 105er abermals Verluste erlitten.

Mit Ablauf des Tages endete der Leidensweg der 105er und ihr Einsatz am Dorf Douaumont. Es sollte allerdings noch 10 weitere Tage dauern, bis das Regiment endlich in Ruhe und zur Auffrischung kam.

Zum Abschluß des Artikels sei noch eine persönliche Anmerkung zum Einsatz des Infanterie-Regiments 105 erlaubt:

Ausschlaggebend für diesen aufreibenden und intensiven Einsatz, wenn auch nur über wenige Tage, war wohl die Unterstellung des Infanterie-Regiments 105 beim III. Armeekorps. Die sächsischen 105er waren demnach für die Brandenburger des III. Armeekorps eine 'ausgeliehene', 'fremde' Truppe und so wurden sie auch behandelt. Die Strukturierung der kaiserlichen Armee sah noch die Rekrutierung seiner Verbände in regionalen Grenzen vor, die Soldaten waren somit unter 'Landsleuten', die Verbundenheit untereinander fester verankert. Die 'fremden' Truppen wurden rücksichtsloser und härter herangenommen, als die eigene Truppe, denn es waren keine 'Landsleute'.

So konnte das Armeekorps auf Kosten anderer Truppen sein Angriffsziel in sprichwörtlich schonungsloser Art und Weise erreichen. Es traf in diesem, beschriebenen Falle also nicht die Söhne Brandenburgs, sondern Sachsen von einem anderen Armeekorps. Diese Vorgehensweise war bekannt und wurde unzählige male praktiziert. Kein Regiment ließ sich gerne an ein anderes Korps ausleihen, denn meist wußte man, was einem blühte.

Und dieses Schicksal hatten wohl auch die 105er zu tragen, als sie trotz ungenügender, bis völlig fehlender Flankendeckung immer wieder zu neuen Angriffen befohlen wurden, daß Ziel zwar vor Augen hatten, aber sich mehr oder weniger sinnlos verbluteten. Eine Teilschuld dürfte aber auch die Regimentsführung der 105er haben, denn trotz ungünstigster Aussichten auf einen Angriffserfolg wurde der Sturm befohlen. Der Regimentsgeschichte nach wurde der Kommandeur nicht nur einmal durch die augenscheinlich wirkungsvolle und effektive eigene Artilleriewirkung, die aber in Wirklichkeit nutzlos blieb, zum Angriff suggeriert.

Quellen:
Antal, Heidi: Verdun - Schlachtfeld und Festungsanlagen, Straßburg 1986
Glogowski: Das kgl. Sächs. 6. Infanterie-Regiment Nr. 105, Dresden 1929
Reichsarchiv: Schlachten des Weltkrieges; Band 13: Die Trägödie von Verdun 1916, 1. Teil, Berlin 1926

An der Kirche 1916
An der Kirche 1916